Wer kann Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz 1950 aufgrund der Corona-Krise geltend machen?

 

In den vergangenen Tagen und Wochen sind eine Vielzahl von Gesetzen, Verordnungen, Empfehlungen zur Bekämpfung der Ausbreitung des Coronavirus ergangen. Unternehmen haben hierbei mit den weitreichenden wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Regelungen zu kämpfen. Wer hier Entschädigungsansprüche geltend machen will muss aufpassen auf welcher Basis die einzelnen Maßnahmen erlassen wurden.
Ein Entschädigungsanspruch kommt grundsätzlich nur für Einschränkungen aufgrund verwaltungsbehördlicher Maßnahmen nach dem Epidemiegesetz 1950 in Frage.
Hinweis: Aufgrund der zum Teil offenen Formulierungen in den Verordnungen und der Vielzahl von sich überlappenden gesetzlichen bzw behördlichen Regelungen ist zur Zeit unklar ob Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz überhaupt von den Behörden zugestanden werden! Dies wird sich wohl erst in Verfahren abschließend klären lassen.
 

Wann kommt ein Entschädigungsanspruch in Frage?

Entschädigungen nach dem Epidemiegesetz kommen aktuell vor allem für die Fälle der Betriebsschließungen (§ 20 Epidemiegesetz) sowie für Verkehrsbeschränkungen (§ 24 Epidemiegesetz) in Betracht. Allgemeine Beschränkungen, welche sich auf das neue COVID-19-Maßnahmengesetz stützen begründen hingegen nach herrschender Ansicht keinen Entschädigungsanspruch.
Wofür können Ansprüche nach Epidemiegesetz geltend gemacht werden?

Für wirtschaftliche Einbußen haben (selbständig/unselbständig) Erwerbstätige und Unternehmen einen Ersatzanspruch der sich am vergleichbaren fortgeschriebenen wirtschaftlichen Einkommen bemisst.

Für Dienstnehmer, welche aufgrund der angeordneten Maßnahmen keine Arbeitsleistung erbringen konnten, haben Dienstgeber einen Erstattungsanspruch gegenüber dem Bund bezüglich der fortgezahlten Gehälter und Löhne inkl. Dienstgeberanteile zur Sozialversicherung. Dies umschließt Arbeitsverhinderungen aufgrund von Quarantäne-Maßnahmen als auch Verkehrsbeschränkungen der Dienstnehmer. Für Gegenstände, welche bei einer behördlichen Desinfektion beschädigt oder vernichtet wurden können ebenfalls Entschädigungen in Anspruch genommen werden.
 

Welcher Zeitraum ist umfasst?

Ansprüche können ausschließlich für den Zeitraum der behördlichen Maßnahme geltend gemacht werden – somit von der Veröffentlichung der Verordnungen bis zu deren Aufhebung. Alle Tiroler Bezirkshauptmannschaften haben mit Wirkung ab 26.3.2020 die Verordnungen basierend auf dem Epidemiegesetz aufgehoben – die Maßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung des Coronavirus werden nunmehr auf Basis der Verordnung des Landeshauptmannes fortgeführt. Letztere basiert jedoch auf dem neuen COVID-19-Maßnahmengesetz und sieht keine eigenständigen Entschädigungsansprüche vor.


Wie macht man solche Ansprüche geltend?
Ansprüche sind binnen 6 Wochen ab Aufhebung der behördlichen Maßnahme bei der örtlich zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde (Bezirkshauptmannschaft oder Magistrat) geltend zu machen. Hierbei sollten die Vermögenseinbußen / der Verdienstentgang für die in Frage kommenden Tage erläutert werden.

Offizielle Formulare sind derzeit noch keine vorgesehen, daher sind die Ansprüche mit einem formlosen Schreiben einzubringen. Laut Auskunft der Wirtschaftskammer wird jedoch bereits für die betroffenen Unternehmer an einer allgemeinen Lösung gearbeitet. Genauere Informationen hierzu sollen noch Anfang dieser Woche folgen.
Zur Einhaltung der Fristen empfehlen wir die jeweilige Bezirksverwaltungsbehörde oder Magistrat vorab per Mail von der beabsichtigten Anmeldung von Entschädigungs-ansprüchen zu informieren. Hierfür wurden von den Bezirkshauptmannschaften eigene E-Mail Adressen eingerichtet. Wir unterstützen Sie gerne mit der Ausarbeitung eines entsprechenden Mustertextes.
Stadt Wien – Soziales, Sozial- und Gesundheitsrecht (MA 40): servicestelle@ma40.wien.gv.at
 
Wie berechnet man die Vermögenseinbußen / den Verdienstentgang?

Im schriftlichen Antrag muss das „vergleichbare fortgeschriebene wirtschaftliche Einkommen“ dargelegt werden – folgende Überlegungen sind hier anzustellen:

  • Nachweis Umsatzeinbußen: diese können mit Buchungsbestätigungen, erhaltenen Stornierungen nachgewiesen werden; auch Vergleichszahlen der letzten Tage / Wochen / Monate kommen hier in Betracht
  • Personalkosten, wie sie bei Offenhaltung des Betriebes entstanden wären sind abzuziehen
  • Sonstige laufende Aufwendungen sind ebenfalls in Abzug zu bringen (so wie sie angefallen wären)
 

Stellen Sie die notwendigen Unterlagen zusammen und dokumentieren Sie den Verdienstentgang gut. Eine einfache Hochrechnung anhand vergangener Wochen / Monate könnte zur Kürzungen im behördlichen Verfahren führen. Vergessen Sie in den Berechnungen auch nicht auf die Zusatzumsätze, welche Sie in dieser Zeit erzielen hätten können (zB kurzfristige Zusatzaufträge / Buchungen, Konsumationen – Getränke/Essen, etc.)!

Wir hoffen Ihnen mit diesen Informationen eine Hilfestellung zur durchdachten Entscheidungsfindung und Vorbereitung eines Entschädigungsantrages zur Verfügung zu stellen.
Gerne stehen wir Ihnen auch für weitere Informationen zur Verfügung. Wir unterstützen Sie gerne in dieser Angelegenheit!
Vermindern Entschädigungen nach Epidemiegesetz sonstige Unterstützungsleistungen?

Aktuell ist noch nicht geklärt, welche Entschädigungen und Förderungen sich gegenseitig ausschließen. Nach den Richtlinien zur Corona-Kurzarbeit können Kurzarbeitsentschädigungen und Entschädigungen für fortgezahlte Entgelte nach Epidemiegesetz nicht für den gleichen Zeitraum geltend gemacht werden. Ob darüber hinaus Unterstützungen aus dem Härtefonds / die geplante Notfallhilfe auf die Entschädigung nach Epidemiegesetz angerechnet werden ist zurzeit offen (lediglich Leistungen aus dem Härtefonds sollen auf Leistungen aus der kommenden Notfallhilfe angerechnet werden).

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