Sonderklienteninfo Ausgabe 02/2020
Die auf das neue COVID-19 Gesetz (BGBl. I Nr. 12/2020) oder das Epidemiegesetz gestützten Maßnahmen, insbesondere jene zur Untersagung des Kundenverkehrs in Geschäften, führen viele Unternehmen in eine schlimme wirtschaftliche Situation. Damit beginnt die Suche nach rechtlich zulässigen und praktisch gangbaren Möglichkeiten zur raschen und massiven Kostenreduktion. In Betracht kommen insbesondere folgende personellen Maßnahmen:
• Abbau von Urlaubsguthaben: Vereinbarung erforderlich (§ 4 Abs. 1 UrlG).
• Abbau von Zeitguthaben: i.d.R. Vereinbarung erforderlich (vgl. § 19f AZG).
• Reduktion des Beschäftigungsausmaßes (z.B. befristet): Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit und Senkung der Arbeitszeit bei Teilzeitbeschäftigten: Schriftliche Vereinbarung erforderlich (§ 19d Abs. 2 AZG).
• Altersteilzeit bei jenen Arbeitnehmern, die altersmäßig dafür in Frage kommen und sämtliche Fördervoraussetzungen erfüllen: Schriftliche Vereinbarung erforderlich (§ 27 AlVG).
• Unbezahlte Urlaube: Vereinbarung erforderlich.
• Bildungskarenzen oder Bildungsteilzeiten, sofern von Arbeitnehmerseite Interesse an einer Weiterbildung besteht und diese vom AMS bewilligt wird: Vereinbarung erforderlich (§ 11 bzw. § 11a AVRAG).
• Aussetzungsvereinbarungen (Beendigung mit Wiedereinstellungszusage, Arbeitnehmer beziehen dazwischen Arbeitslosengeld): Vereinbarung erforderlich.
• Beendigung von Dienstverhältnissen durch Arbeitgeberkündigungen: Dabei ist auf Kündigungsschutzbestimmungen zu achten (z.B. drohende Sozialwidrigkeitsanfechtung bei älteren Personen, besonderer Kündigungsschutz von Schwangeren).
• Beendigung von Dienstverhältnissen durch einvernehmliche Auflösungen: Vereinbarung erforderlich.
• Sonderbetreuungszeit: Besondere Freistellung mit Entgeltfortzahlung und staatlicher 1/3- Entgelterstattung für den Arbeitgeber, Vereinbarung erforderlich (siehe nachfolgend).
• Kurzarbeit: Neu geschaffene Corona-Kurzarbeit, Betriebsvereinbarung plus Unterschrift der Sozialpartner erforderlich (siehe weiter unten).
Da jede der genannten Maßnahmen Vor- und Nachteile mit sich bringen kann, hängt die Sinnhaftigkeit und damit die Auswahl der Maßnahmen von den jeweiligen Verhältnissen im Betrieb ab.
Sonderbetreuungszeit
Eigens für die Corona-Krise hat der Gesetzgeber eine ganz neue Freistellungsmöglichkeit zur Kinderbetreuung geschaffen: Der Arbeitgeber kann Arbeitnehmer/innen, die unter 14-jährige Kinder zu betreuen haben, im Falle der coronabedingten behördlichen Schließung von Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen eine Sonderbetreuungszeit von bis zu drei Wochen ab der behördlichen Schließung gewähren (§ 18b AVRAG).
Die betroffenen Arbeitnehmer/innen werden komplett freigestellt und bekommen in dieser Zeit ihr Entgelt weiter (max. aber in Höhe der monatlichen Höchstbeitragsgrundlage von € 5.370,00).
Der Arbeitgeber erhält ein Drittel des fortbezahlten Entgelts vom Staat refundiert. Der Erstattungsantrag ist binnen sechs Wochen nach der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen beim zuständigen Betriebsstättenfinanzamt zu stellen.
Auf die Sonderbetreuungszeit besteht kein Rechtsanspruch, sondern diese ist Vereinbarungssache. Voraussetzung für die Sonderbetreuungszeit ist außerdem, dass der/die jeweilige Arbeitnehmer/in keinem versorgungskritischen Bereich tätig ist und keinen Anspruch auf eine bezahlte Dienstfreistellung zur Kinderbetreuung hat.
Anmerkung zu diesen beiden Ausschlussgründen:
• Als versorgungskritische Bereiche sind z.B. Apotheken, Lebensmittelerzeugung und Lebensmittelhandel, Verkehrswesen, öffentliche Sicherheit, Krankenhäuser o.ä. anzusehen.
• Ein arbeitsrechtlicher Anspruch auf bezahlte Freistellung wäre in der Dauer bis zu einer Woche (gemäß § 8 Abs. 3 Angestelltengesetz bzw. § 1154b Abs. 5 ABGB) dann gegeben, wenn andere zumutbare Alternativen (z.B. Betreuung des Kindes durch andere Angehörige, wie etwa den nicht erwerbstätigen anderen Elternteil, ältere Geschwister oder Betreuung in Kleingruppen durch die Schule bzw. Kindergarten) trotz aller Bemühungen nicht zur Verfügung stehen. Eine solche Dienstverhinderung ist gegenüber der Sonderbetreuungszeit vorrangig und schließt diese somit für den jeweiligen Anspruchszeitraum aus.
Corona-Kurzarbeit
Als Kurzarbeit bezeichnet man die vorübergehende Herabsetzung der Normalarbeitszeit und des Arbeitsentgelts wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten. Der Arbeitgeber zahlt den Arbeitnehmern zusätzlich zum gekürzten Arbeitsentgelt eine Kurzarbeitsunterstützung aus und erhält dafür vom Arbeitsmarktservice (AMS) eine Kurzarbeitsbeihilfe (§ 37b AMSG). Der Zweck der Kurzarbeit besteht darin, die Arbeitskosten temporär zu reduzieren und die Mitarbeiter zu halten. Dadurch soll Arbeitslosigkeit oder ein Abwandern von Mitarbeitern verhindert werden. Aus Anlass der Corona-Krise haben die Sozialpartner ein gegenüber der normalen Kurzarbeit etwas vereinfachtes und beschleunigtes Modell ausverhandelt.
Die wichtigsten inhaltlichen Parameter einer Corona-Kurzarbeit sind die folgenden:
• Die durch die Kurzarbeit gekürzte Normalarbeitszeit muss bei Vollzeitbeschäftigten im Durchschnitt der Kurzarbeitsphase zwischen 10 % und 90 % der kollektivvertraglichen bzw. gesetzlichen Normalarbeitszeit liegen. Sie darf zeitweise auch Null sein. Beispiel: Kurzarbeit in der Dauer von sechs Wochen, davon fünf Wochen 0 %, eine Woche 60 %.
• Die Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten ist im selben Prozentausmaß wie bei Vollzeitbeschäftigten zu kürzen.
• Trotz der entfallenden Normalarbeitszeit erhalten die Arbeitnehmer ein bestimmtes garantiertes Netto, und zwar bei einem Bruttoentgelt unter € 1.700,00 → 90 % des Nettoentgelts vor Kurzarbeit, zwischen € 1.700,00 und € 2.685,00 → 85 % des Nettoentgelts vor Kurzarbeit, über € 2.685,00 → 80 % des Nettoentgelts vor Kurzarbeit.
Die daraus resultierenden Brutto-Mehrkosten trägt das AMS (bis zur Höchstbeitragsgrundlage).
• Bei Urlaub und Krankenständen während Kurzarbeit gebührt dem Arbeitnehmer das volle Entgelt wie vor Kurzarbeit.
• Die Sozialversicherungsbeiträge und betrieblichen Vorsorgebeiträge sind von der Basis vor Beginn der Kurzarbeit zu berechnen.
• Während der Kurzarbeit und einen Monat danach dürfen Kündigungen grundsätzlich nicht ausgesprochen werden (Behaltepflicht).
Zur Voraborientierung finden Sie hier die erforderlichen Schritte, um eine Corona-Kurzarbeit im Betrieb einzuführen. Mustervorlagen für die einzelnen Punkte befinden sich gerade in Ausarbeitung und werden im Vorlagenportal in Kürze bereitstehen (am besten auffindbar über die Suchfunktion z.B. mit dem Suchwort „Corona“).
Schritte zur Einführung von Corona-Kurzarbeit im Betrieb:
1. Kontaktaufnahme mit der örtlich zuständigen AMS-Geschäftsstelle zwecks Verständigung von den bestehenden Beschäftigungsschwierigkeiten (z.B. telefonisch oder per E-Mail).
2. Falls Betriebsrat vorhanden: Gespräche mit dem Betriebsrat.
3. Unterschreiben der Muster-Sozialpartnervereinbarung durch Arbeitgeber und Betriebsrat: https://www.vorlagenportal.at/dokumente/vereinbarung-einer-corona-kurzarbeit-mit-dembetriebsrat/ bzw. in betriebsratslosen Betrieben durch Arbeitgeber und alle betroffenen Arbeitnehmer: https://www.vorlagenportal.at/dokumente/vereinbarung-einer-coronakurzarbeit-mit-den-arbeitnehmern/
4. Ausfüllen des AMS-Antragsformulars.
5. Verfassen einer kurzen schriftlichen Begründung über die wirtschaftliche Notwendigkeit der Kurzarbeit (Corona und erforderliche Folgemaßnahmen).
6. Übermittlung der Sozialpartnervereinbarung (Schritt 3.), des AMS-Antragsformulars (Schritt 4.) und der wirtschaftlichen Begründung (Schritt 5.) an das AMS (z.B. per E-Mail oder eAMSKonto); AMS prüft die Unterlagen und leitet sie an die Sozialpartner weiter.
7. Abwarten der Unterschriftsleistung durch die Sozialpartner (wird laut Versprechen der Sozialpartner i.d.R. binnen 48 Stunden erledigt) und der Rückmeldung des AMS über die Genehmigung, einen allfälligen Nachbesserungsbedarf oder die Ablehnung des KurzarbeitAntrags.
Die wichtigsten Antworten auf arbeitsrechtliche Fragen
1. IST DER ARBEITGEBER VERPFLICHTET, IN SEINEM BETRIEB VORSORGEMAßNAHMEN ZUR VERMEIDUNG DER ANSTECKUNG ZU TREFFEN?
In Betrieben mit Kundenverkehr in Gebieten mit einer tatsächlichen Ansteckungsgefahr ist der Arbeitgeber verpflichtet, zweckmäßige und geeignete Maßnahmen zur Minimierung der Ansteckungsgefahr zu setzen, um die Arbeitnehmer vor Infektionen zu schützen. Solche Maßnahmen können Hygienemaßnahmen (Handhygiene) sowie das Bereitstellen von Desinfektionsmitteln sein. Die notwendigen Schutz- und Präventionsmaßnahmen bestimmen sich nach dem Infektionsrisiko. Bei direktem Patientenkontakt (z.B. Gesundheitsberufe) muss persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung gestellt werden (Einmalhandschuhe, geeignete Schutzkleidung, Atemschutzmaske, Augen- und Gesichtsschutz) und für eine Unterweisung der Beschäftigten Sorge getragen werden.
2. IST DER ARBEITNEHMER VERPFLICHTET, DEM ARBEITGEBER EINE INFEKTION MIT DEM CORONAVIRUS BEKANNT ZU GEBEN?
Ja, dies ergibt sich aus der Treuepflicht des Arbeitnehmers und soll dem Arbeitgeber ermöglichen, Vorsorgemaßnahmen zugunsten der Belegschaft treffen zu können.
3. DARF DER ARBEITGEBER UNABHÄNGIG VON BEHÖRDLICHEN ANORDNUNGEN (QUARANTÄNE) DIE ARBEITNEHMER VON DER ARBEIT NACH HAUSE SCHICKEN?
Ja, der Arbeitgeber kann auf die Arbeitsleistung verzichten, hat aber den Arbeitnehmern das Entgelt fortzuzahlen, solange er die Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt.
4. DARF DER ARBEITNEHMER VON DER ARBEIT FERNBLEIBEN, WENN ER SICH VOR EINER ANSTECKUNG FÜRCHTET?
Nein. Ein grundloses einseitiges Fernbleiben von der Arbeit stellt eine Verletzung der Dienstpflichten und in der Regel einen Entlassungsgrund dar. Eine Verweigerung der Arbeitsleistung könnte nur dann gerechtfertigt sein, wenn eine objektiv nachvollziehbare Gefahr bestünde, sich bei der Arbeit mit dem Virus anzustecken. Dies könnte dann gegeben sein, wenn es im unmittelbaren Arbeitsumfeld bereits zu einer Ansteckung mit dem Virus gekommen wäre. Das gilt aber nicht für jene Arbeitnehmer, die berufsmäßig regelmäßig mit Krankheiten zu tun haben, wie etwa bei Tätigkeiten in Spitälern oder Apotheken.
5. DARF DER ARBEITNEHMER FERNBLEIBEN, WENN SICH SEIN WOHNORT, DER WEG ZUR ARBEIT ODER DER BETRIEB IN EINEM GEBIET BEFINDET, FÜR DAS EINE BEHÖRDLICHE MAßNAHME (QUARANTÄNE) ANGEORDNET WURDE?
Ja, wenn der Arbeitnehmer aufgrund der behördlichen Maßnahme nicht zum Arbeitsplatz gelangen kann, ohne gegen diese Anordnung zu verstoßen. Es handelt sich dabei um eine gerechtfertigte Abwesenheit vom Arbeitsplatz mit einer Entgeltfortzahlung für die Dauer der behördlichen Anordnung durch den Arbeitgeber. Der Bund hat dem Arbeitgeber das geleistete Entgelt zu ersetzen. Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber unverzüglich seine Verhinderung zu melden.
6. HAT DER ARBEITNEHMER ANSPRUCH AUF ENTGELTFORTZAHLUNG, WENN ER AUFGRUND EINER BEHÖRDLICH ANGEORDNETEN MAßNAHME (Z.B. QUARANTÄNE) SEINEN ARBEITSPLATZ NICHT ERREICHEN KANN? WIRD DEM ARBEITGEBER DAS FORTGEZAHLTE ENTGELT ERSETZT?
Nach dem Angestelltengesetz (AngG) und dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) haben Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn sie durch wichtige, ihre Person betreffende Gründe ohne Verschulden während einer kurzen Zeit an der Arbeitsleistung verhindert sind. Dazu zählen auch öffentliche Pflichten wie eine Quarantäne und dadurch verursachte tatsächliche Hinderungen an der Arbeitsleistung. Nach dem Epidemiegesetz haben Arbeitnehmer, die wegen der ihnen im Einzelfall behördlich angeordneten Quarantäne an der Erbringung der Arbeitsleistung verhindert sind, für die Dauer der Quarantäne Anspruch auf Vergütung des dadurch eingetretenen Verdienstentganges durch den Bund. Der Arbeitgeber hat das Entgelt vorab aber weiter an den Arbeitnehmer auszuzahlen, der Bund hat dem Arbeitgeber das geleistete Entgelt im Nachhinein zu ersetzen: Der Arbeitgeber kann binnen sechs Wochen ab dem Tag der Aufhebung der Quarantäne bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich die Quarantäne verhängt wurde, das von ihm geleistete Entgelt sowie den darauf entfallenden Dienstgeberanteil in der gesetzlichen Sozialversicherung vom Bund mittels gesondertem Antrag zurückfordern.
7. DER KINDERGARTEN ODER DIE SCHULE EINES KINDES EINES MITARBEITERS WIRD GESCHLOSSEN. DARF DER ARBEITNEHMER ZU HAUSE BLEIBEN? MUSS DAS ENTGELT FORTGEZAHLT WERDEN?
Ja, wenn ein persönlicher Dienstverhinderungsgrund vorliegt. Dazu muss die Betreuung des Kindes aufgrund seines Alters (aktuell für Kinder bis 14 Jahre) notwendig sein. Der Arbeitnehmer darf von der Arbeit fernbleiben und hat Anspruch auf eine Entgeltfortzahlung im Ausmaß einer kurzen Zeit. Die Dauer hängt vom Einzelfall ab (z.B. vom Alter oder Reifegrad des Kindes) und ist mit höchstens einer Woche beschränkt.
Falls seitens des Kindergartens oder der Schule eine Betreuungsmöglichkeit angeboten wird, muss der Arbeitgeber dem Fernbleiben des Arbeitnehmers ausdrücklich zustimmen.
Die Bundesregierung hat am 12.3.2020 angekündigt, Dienstnehmer mit Betrueungspflichten für Kinder unter 14 Jahren für bis zu drei Wochen eine bezahlte „Sonderbetreuungszeit“ zu ermöglichen. Eine solche Maßnahme bedarf einer Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
8. IN WELCHEN FÄLLEN IST TELEARBEIT MÖGLICH?
Befindet sich im Arbeitsvertrag bereits eine entsprechende Vereinbarung zur Telearbeit oder eine Versetzungsklausel, wonach der Arbeitnehmer auch ohne seine Zustimmung an einen anderen Ort versetzt werden kann, so ist eine Anordnung von Telearbeit durch den Arbeitgeber möglich. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, gibt es darüber hinaus die Möglichkeit, Telearbeit zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber zu vereinbaren.
9. DARF DER ARBEITGEBER EINSEITIG HOME OFFICE ANORDNEN?
Nein, grundsätzlich muss Home Office zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ausdrücklich vereinbart werden. Eine Anordnung durch den Arbeitgeber ist jedoch möglich, wenn eine diesbezügliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag bereits enthalten ist oder sich darin eine sogenannte Versetzungsklausel findet, wonach man einseitig an einen anderen als den ursprünglich vereinbarten Arbeitsort versetzt werden kann. Der Arbeitgeber hat dann die allenfalls anfallenden Kosten (z.B. für Internet, Handy) zu übernehmen.
10. DARF DER ARBEITNEHMER DEN ANTRITT EINER DIENSTREISE VERWEIGERN, WENN DIESE IN GEFAHRENGEBIETE FÜHREN WÜRDE?
Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers umfasst auch die Vorsorge für den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer. Dieser Schutz beinhaltet alle Maßnahmen, die der Verhütung von beruflich bedingten Unfällen und Erkrankungen der Arbeitnehmer dienen. Liegt etwa eine Reisewarnung für ein bestimmtes Gebiet vor, weil dort eine hohe Ansteckungsgefahr besteht, kann der Arbeitnehmer den Antritt der Dienstreise zu Recht verweigern, da die Vornahme dieser Reise zu einer mit einer gewissen und durch die Reisewarnung belegten und objektivierbaren Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens führen kann. Sofern keine Reisewarnung oder eine sonst belegbare hohe Ansteckungsgefahr (z.B. durch Ausrufung des Notstands oder Verhängung der Quarantäne) am Zielort oder auf der Reisestrecke vorliegt, wird eine Verweigerung nicht rechtmäßig sein.
11. DARF DER ARBEITGEBER DEM ARBEITNEHMER VERBIETEN, EINEN URLAUB IN GEFÄHRDETEN GEBIETEN ZU VERBRINGEN?
Der Arbeitgeber kann dies dem Arbeitnehmer nicht verbieten. Erkrankt der Arbeitnehmer während seines Urlaubs in einem gefährdeten Gebiet, könnte der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung verweigern, da der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig herbeigeführt hat.
12. DARF DER ARBEITGEBER DEN ARBEITNEHMER FRAGEN, OB ER SEINEN URLAUB IN EINEM GEBIET MIT HOHER ANSTECKUNGSGEFAHR VERBRACHT HAT?
Ja, da der Arbeitgeber aufgrund seiner Fürsorgepflicht zum Schutz der anderen Arbeitnehmer geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen muss.
13. WAS GILT, WENN DER ARBEITNEHMER AUFGRUND BESTIMMTER VORSORGEMAßNAHMEN (NOTSTAND, QUARANTÄNE, EINSCHRÄNKUNG DER VERKEHRSMITTEL) IM URLAUBSORT NICHT DIE RÜCKREISE ANTRETEN KANN? IST DAS EIN GRUND FÜR EINE ENTLASSUNG? HAT ER ANSPRUCH AUF ENTGELTFORTZAHLUNG?
Eine tatsächliche oder rechtliche Verhinderung der Rückreise stellt einen gerechtfertigten Abwesenheitsgrund von der Arbeit dar, der Arbeitnehmer kann daher nicht entlassen werden. Er hat für eine kurze Zeit (bis zu einer Woche) Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.
14. WIE SEHEN DIE AUSGANGSBESCHRÄNKUNGEN AUS? WERDEN DIESE VON DER POLIZEI ÜBERWACHT? WELCHE SANKTIONEN SIND BEI NICHTEINHALTUNG VORGESEHEN?
Das Betreten öffentlicher Orte ist ab 16. März 2020 verboten (bis 22. März 2020, Verlängerung möglich), außer es handelt sich um Rettungs- oder Hilfsmaßnahmen, Einkäufe zur Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse (1 Meter Mindestabstand zu anderen Personen), Verfolgung beruflicher Zwecke (1 Meter Mindestabstand zu anderen Personen) oder man ist alleine oder mit haushaltszugehörigen Personen unterwegs. Die Polizei ist angehalten, bei Verstößen auf die Beschränkungen aufmerksam zu machen und im Falle von Uneinsichtigkeit auch Anzeigen zu erstatten. Es ist eine Geldstrafe von bis zu € 3.600,00 vorgesehen.
15. DÜRFEN GASTRONOMIEBETRIEBE AUF LIEFERUNG UMSTEIGEN?
Ja. Lieferservice ohne Kundenverkehr im Geschäftslokal ist weiterhin zulässig.
16. KANN EIN UNTERNEHMER, DER DAS GESCHÄFT AUFGRUND DER VERORDNUNG SCHLIESSEN MUSS, SEINE MITARBEITER EINFACH NACH HAUSE SCHICKEN?
Ja, es handelt sich dabei aber um eine Dienstfreistellung, sodass das Entgelt weiter zu zahlen ist (§ 1155 ABGB). Eine Entgelterstattung für den Arbeitgeber gibt es hier nicht.
17. WAS GILT, WENN ES AN EINER SCHULE KEIN BETREUUNGSANGEBOT GIBT UND DIE ELTERN AUCH KEINE ANDERE BETREUNGSMÖGLICHKEIT FINDEN? WAS GILT, WENN EIN/E ARBEITNEHMER/IN EIN SCHULISCHES BETREUNGSANGEBOT NICHT NUTZEN MÖCHTE, SONDERN DIE BETREUNG LIEBER SELBST WAHRNIMMT?
Wenn kein schulisches Betreuungsangebot und auch keine anderen zumutbaren Betreuungsmöglichkeiten bestehen, ist dies als bezahlte Dienstverhinderung für die Dauer von bis zu einer Woche zu werten (§ 8 Abs. 3 AngG bzw. § 1154b Abs. 5 ABGB). Eine Entgelterstattung für den Arbeitgeber gibt es hier nicht. Wenn hingegen ein/e Arbeitnehmer/in ein vorhandenes schulischen Betreuungsangebot ungenutzt lässt, muss dafür Urlaub oder Zeitausgleich genommen werden.
18. MUSS DIE SONDERBETREUUNGSZEIT SPEZIELL VEREINBART WERDEN?
Das Gesetz (§ 18b AVRAG) sieht für die Vereinbarung einer Sonderbetreuungszeit keine bestimmte Formvorschrift vor, allerdings ist für die Entgelterstattung (1/3 des fortgezahlten Entgelts) gegenüber der Abgabenbehörde ein Nachweis nötig und daher eine schriftliche Vereinbarung zu empfehlen.
19. IST ES FÜR DIE EINFÜHRUNG VON CORONA-KURZARBEIT IN EINEM BETRIEB OHNE BETRIEBSRAT NÖTIG, DASS DIE ARBEITNEHMER IM BETRIEB ERSCHEINEN, UM DIE KURZARBEITSVEREINBARUNG ZU UNTERSCHREIBEN?
Für die Förderung durch das AMS muss die Sozialpartnervereinbarung in betriebsratslosen Betrieben von allen Arbeitnehmern unterschrieben werden, die von der Kurzarbeit betroffen sind.
20. GILT DIE BEI KURZARBEIT AN SICH VORGESEHENE VORANMELDEFRIST VON SECHS WOCHEN AUCH BEI DER CORONA-KURZARBEIT?
Nein. Die bei normaler Kurzarbeit vorgesehene Frist, wonach die Verständigung des AMS mindestens sechs Wochen vor Einführung der Kurzarbeit zu erfolgen hat, wird für eine Corona-Kurzarbeit nicht verlangt.
21. MÜSSEN VOR EINFÜHRUNG EINER CORONA-KURZARBEIT URLAUB UND ZEITGUTHABEN KONSUMIERT WERDEN? FALLS JA, BEI ALLEN ARBEITNEHMERN ODER NUR BEI JENEN, DIE IN KURZARBEIT GEHEN?
Vor Beginn oder während der Kurzarbeit müssen Arbeitnehmer das Urlaubsguthaben vergangener Urlaubsjahre und Zeitguthaben zur Gänze konsumieren. Diese Pflicht bezieht sich, sofern Kurzarbeit nur für organisatorisch abgrenzbare Teile eines Betriebs eingeführt wird, nur auf jene Arbeitnehmer, die unter die Kurzarbeitsregelung fallen.
22. KÖNNEN DIENSTVERHÄLTNISSE VOR BEGINN EINER KURZARBEIT BEENDET WERDEN?
Es gibt keine rechtliche Einschränkung, Dienstverhältnisse noch vor Beginn einer Kurzarbeit zu beenden. Somit ist es u.E. möglich, angesichts wirtschaftlicher Schwierigkeiten einen Teil der Mitarbeiter zu kündigen und bezüglich eines anderen Teils der Mitarbeiter eine Kurzarbeit anzustreben. Wenn die Kündigungsfrist noch in die Zeit nach Beginn der Kurzarbeit hineinreicht, gilt für die betreffenden Arbeitnehmer während der Kündigungsfrist auch die Kurzarbeit.
23. WIE LANGE IST DIE FÖRDERDAUER DER CORONA-KURZARBEIT?
Die Kurzarbeitsbeihilfe kann zunächst für drei Monate beantragt werden. Bei Bedarf ist eine Verlängerung um weitere drei Monate möglich.
24. KÖNNEN MITARBEITER INFOLGE CORONABEDINGTER BETRIEBSEINSCHRÄNKUNGEN GEKÜNDIGT WERDEN?
Ja, es gibt diesbezüglich keine besonderen Vorgaben. Es sind die normalen Kündigungsfristen und – termine einzuhalten. Eine einvernehmliche Auflösung ist – wie auch sonst – ohne Einhaltung von Fristen möglich.
25. GILT FÜR CORONABEDINGTE KÜNDIGUNGEN MEHRERER ARBEITNEHMER DAS KÜNDIGUNGSFRÜHWARNSYSTEM (§ 45A AMFG)?
Im Falle der von Arbeitgeberseite geplanten Auflösung mehrerer Dienstverhältnisse (Arbeitgeberkündigungen und einvernehmliche Auflösungen) ist das Kündigungsfrühwarnsystem gemäß § 45a AMFG zu beachten (Anzeige an das AMS und anschließende 30-tägige Wartefrist bis zum Ausspruch der ersten Auflösungserklärungen, falls die gesetzlich vorgesehenen Schwellenwerte überschritten werden). Die AMS-Landesgeschäftsstelle kann die 30-Tage-Frist auf Antrag des Arbeitgebers verkürzen, wenn der Arbeitgeber wichtige wirtschaftliche Gründe nachweist (§ 45a Abs. 8 AMFG).